Für die einen Bausünde und Schandfleck, für die anderen städtisches Wahrzeichen und ein Stück Heimat: Kein Areal in Hannover ist so umstritten wie das Ihme-Zentrum. Jetzt ist ein großer Teil der teils maroden Immobilie an einen Investor aus Berlin versteigert worden. Ist das die erhoffte Chance für einen Neuanfang? Höchste Zeit, dieses einzigartige Projekt „Stadt in der Stadt“ einmal genauer zu betrachten. Begleiten Sie uns auf einer multimedialen Reise durch das Ihme-Zentrum.
Das Ende eines Traums
Für die einen Bausünde und Schandfleck, für die anderen städtisches Wahrzeichen und ein Stück Heimat: Kein Areal in Hannover ist so umstritten wie das Ihme-Zentrum. Jetzt ist ein großer Teil der teils maroden Immobilie an einen Investor aus Berlin versteigert worden. Ist das die erhoffte Chance für einen Neuanfang? Höchste Zeit, dieses einzigartige Projekt „Stadt in der Stadt“ einmal genauer zu betrachten. Begleiten Sie uns auf einer multimedialen Reise durch das Ihme-Zentrum.

Quadratmeter
Bewohner
Stockwerke
Sanierungsversuche
Die Versteigerung
1975 war das Ihme-Zentrum ein Vorzeigeprojekt. Dann zogen sich immer mehr Geschäfte zurück, es folgten lange Jahre des Leerstands und Verfalls der großen Gewerbeareale. Jetzt wurden 80 Prozent der Flächen an einen Investor aus Berlin meistbietend versteigert. Was passiert nun mit Hannovers größter Immobilie?

Die Wohnungen
Wie lebt es sich in einer Ruine? Ein Besuch bei den Bewohnern des Ihme-Zentrums.
Wert der Wohnungen: Gut 6,5 Millionen Euro waren ursprünglich für die Zwangsversteigerung der knapp 200 Wohnungen ermittelt worden. Die Einzelwerte liegen zwischen 6100 und 79?400 Euro.
Die Bewohner
Teil 1: Die ZugezogenenDie Parkgarage
Das Ihme-Zentrum bot einst Parkplätze für rund 2300 Autos. Übrig geblieben ist der trostlose Anblick einer riesigen Baustelle.
Der Wert der Parkgarage: Der Verkehrswert des teilsanierten Parkdecks wird von Gutachtern nur noch auf 2,7 Millionen Euro taxiert.

Handel
Bretterwände statt Shoppingparadies: Die Geschäftsbereiche sind seit Jahren komplett verlassen.Der Wert der Handelsbereiche: Die Gewerbeareale im Erdgeschoss und die Einkaufspassage sind unter dem Begriff der Ihme-Arkaden zusammengefasst, der Verkehrswert ist auf 11,6 Millionen Euro beziffert.
Die Umgebung
Vom Glockseepark bis zum Küchengartenplatz: Rundherum hat die Stadt Millionen investiert.Küchengartenplatz
Glockseepark
Schwarzer Bär
Gilde-Carrée
Investitionen auch im Ihme-Zentrum


So denkt Hannover
Das Ihme-Zentrum kennt jeder - nur die Meinungen über den Betonkoloss sind verschieden.Jetzt ist es nur noch Müll

„Ich empfinde es als Schandfleck”
„Früher war es einmal eine schöne Einkaufsmöglichkeit, weil meine Arbeitsstätte auch dort liegt. Im Moment empfinde ich es eigentlich mehr als Schandfleck. Ich wünsche mir, dass jemand da einzieht, vielleicht große Firmen, um Linden attraktiver zu machen.”
Doris Kaya (52)

„Ich habe als Kind da gespielt”
„Ich finde es eigentlich ganz schön. Ich bin hier aufgewachsen und habe als Kind da auch gespielt. Aber heute ist es nicht mehr so schön wie damals. Es ist ein bisschen verfallen.”
Divian Hoffmann (26)

„Da passiert nichts”
„Es wird da viel drüber gesprochen und geschrieben aber letztendlich passiert da nichts. Vor ein paar Tagen stand wieder etwas in der Zeitung, dass es versteigert werden soll. Aber daran glauben tue ich nicht.”
Ali Karacan (47)

„Große Katastrophe!”
„Das Ihme-Zentrum ist jetzt eine große Katastrophe. Als es neu war, da war es schön. Wir wohnen in Ahlem und haben da immer eingekauft. Erdmann war da, und und und. Aber das ist ja von Jahr zu Jahr verfallen. Es ist traurig. ”
Margitta Römer (70)
Es war ein Ort der Begegnung

Die Sicht der Stadt
Die Stadt muss sich gegen Vorwürfe wehren, das Ihme-Zentrum bereits aufgegeben zu haben. Oberbürgermeister Stefan Schostok sieht sich hingegen schlicht als Realist. Die HAZ hat vor dem ersten Versteigerungstermin (August 2014) mit ihm gesprochen.
Die Zwangsversteigerung wollte die Stadt immer vermeiden. Sind Ihre Bemühungen gescheitert?
Hat die Stadt wirklich alles getan? Die Opposition hat Ihnen im Frühjahr vorgeworfen, Sie hätten beim Thema Ihme-Zentrum kapituliert.
Haben Sie keine Sorge, dass Investitions-Hasardeure zuschlagen und das Zentrum mit Rosinenpickerei weiter herunterwirtschaften?
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Parkplätze
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Wohnraum
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Ladenfläche
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Büros
Die Bewohner
Teil 2: Die UreinwohnerDer Stadtwerketurm und weitere Büros
In den 22 Stockwerken des Enercity-Turms wird Hannovers Stromversorgung verwaltet - doch über den Umzug wird bereits nachgedacht.Der Mietvertrag läuft bis 2020. Die Gläubigerbank würde den Vertrag gerne verlängern, weil ihr das die Suche nach Investoren vereinfachen würde. Die Stadtwerke schließen eine Verlängerung aus, solange es keinen Investor gibt, der erkennbar in das Gebäude investiert. Inzwischen beginnt das Unternehmen auch, sich mit Neubauplänen an anderem Ort zu beschäftigen – man mag nicht mehr so recht an einen Aufschwung im Ihme-Zentrum glauben.
Wert des Gebäudes: 16,2 Millionen Euro sind für die Zwangsversteigerung ermittelt worden.
Auch wenn der Stadtwerke-Turm das weithin sichtbare Symbol der Büros im Ihme-Zentrum ist – zur Insolvenzmasse gehören noch weitere Büroeinheiten.
Der Wert der anderen Büros: Die Gutachter bewerten die überwiegend im Nordbereich des Ihme-Zentrums angesiedelten Büros mit gut 12 Millionen Euro.
50 Millionen Euro sollte die Versteigerung ursprünglich bringen
- Stadtwerke-Turm 33%
- Weitere Büroflächen 24%
- Geschäfte 24%
- Wohnungen 13%
- Parkgarage 6%

Heimliche Abrisspläne
Was bis heute kaum jemand weiß: 2005 ließ die Stadt Pläne für einen Abriss entwerfen.Allerdings ist es bislang nicht einmal gelungen, alle Einzeleigentümer dazu zu bewegen, die Teilungserklärung als Fundament des gemeinsamen Zusammenlebens im Gebäude zu erneuern, und bei der öffentlichen Hand sieht es derzeit auch nicht nach Geldsegen aus. Sowohl der Hübotter-Stürken-Plan als auch der von Gert Runge wird wohl erstmal Zukunftsmusik bleiben.
Geschichte des Verfalls
Vom Vorzeigeprojekt zur Insolvenzmasse: Die wichtigsten Daten in der Historie des Ihme-Zentrums.- 1974/75: Das Ihme-Zentrum wird als „Stadt in der Stadt“ mit Wohnungen, Büros und Geschäften errichtet. Es gilt als eines der Vorzeigeprojekte für die neue Urbanität im Deutschland der siebziger Jahre. Das Projekt wird letztlich achtmal so groß wie ursprünglich geplant. Hannovers Stadtbaurat Hanns Adrian hatte stets vor der Monumentalität gewarnt. Er zog später mit seiner Frau dort ein und pflegte zu sagen, dies sei der einzige Ort der Stadt, von dem man das Ihme-Zentrum nicht sehen müsse.
- 1995: Nach vielen kleinen Händlern gibt Allkauf auf, neben Saturn-Hansa einer der Kundenmagneten.
- 1996: Die Großeigner WestLB und Nord/LB präsentieren Umbaupläne für die Gewerbeflächen. Sie scheitern an den komplizierten Besitzverhältnissen.
- 1999: Großeigner und Stadtwerke starten einen erneuten Versuch, das Ihme-Zentrum zu revitalisieren. Mittlerweile stehen etwa 50 Prozent der Verkaufsfläche leer.
- 2000: Investor Frank-Michael Engel aus Tutzing kauft die meisten Geschäftsflächen des Ihme-Zentrums auf.
- Frühjahr 2001: Engel stellt ehrgeizige Umbaupläne vor. Die bis zu 70 Millionen Euro teuren Umbauten sollen ein Jahr später beginnen.
- Herbst 2002: Saturn gibt seine Pläne für einen neuen Standort in der City bekannt. Engel sucht weiter nach gewerblichen Mietern.
- 2003: Engel verkleinert sein Umbaukonzept. Der Investor plant zudem, städtische Einrichtungen und die Polizei ins Ihme-Zentrum zu holen.
- 2005: Mit Schuh-Hess geht Anfang des Jahres der letzte größere gewerbliche Mieter.
- Juli 2006: Engel verkauft seine Anteile an die amerikanische Carlyle Group. Diese lässt die Umbaumaßnahmen in leicht abgewandelter Form weiterführen.
- Januar 2009: Carlyle ist in finanziellen Schwierigkeiten. Es kommt zum Baustopp, als Baufirmen nicht mehr bezahlt werden. Ein Großteil der Tiefgarage des Ihme-Zentrums wird aus Brandschutzgründen gesperrt.
- 23.Februar 2009: Carlyle meldet für seine am Umbau des Ihme-Zentrums beteiligten Projektgesellschaften Insolvenz an.
- März 2009: Die Landesbank Berlin (LBB) als Hauptgläubigerin, fünf Insolvenzverwalter und ein Institutszwangsverwalter übernehmen die Geschicke.
- Ab 2011 beginnt die für die Trennung von Wohn- und Gewerbeeigentum notwendige Unterschriftensammlung bei den Wohnungsbesitzern.
- August 2011: Die LBB stellt ihr Zukunftskonzept für das Ihme-Zentrum vor, nennt aber keine Zeitpläne, weil sie Investoren sucht.
- August 2012 – 2014: Die erste Zwangsversteigerung wird anberaumt und wieder abgesagt, im August 2013 folgt der nächste Termin und wird auch wieder abgesagt: Angeblich gibt es Investoren.
- Februar 2015: Beim zweiten Versteigerungstermin meldet sich ein Investor aus Berlin – und bekommt für 16,5 Millionen Euro den Zuschlag. Bislang ist unklar, welche Pläne die Berliner für den Gebäudekomplex haben.

